Porsche LMP 2000

Rollout eines Mysteriums

Jahrelang war der Porsche LMP 2000 ein Geheimnis.
Jetzt, nach 25 Jahren Dornröschenschlaf, darf er wieder fahren. 

Text: Roland Löwisch  |   Fotos: zvg

Lange haben selbst eingefleischte Porsche-Fans gerätselt: Existiert er oder nicht? Die Rede ist vom Porsche LMP 2000 – ein Renn-Prototyp, eigentlich gebaut für das grosse Rennen in Le Mans des Jahres 2000. Aber eigentlich auch nicht. Und wenn doch: Ist er überhaupt jemals gefahren? 

Jetzt, genau ein Vierteljahrhundert später, hat das Porsche-Museum das Geheimnis gelüftet: Es gibt das Auto, es fuhr damals einmal kurz und jetzt fährt es wieder. Das Team um Museumchef Achim Stejskal und dem Leiter Fahrzeugsammlung, Alexander Klein, hat es entmottet, fehlende Teile ersetzt, neue Reifen aufgezogen, alle Betriebsstoffe erneuert und es unter dem Beisein vieler damaliger Beteiligter nochmal über die Teststrecke im Porsche-Entwicklungszentrum Weissach rasen lassen.

Am Steuer: Alan McNish, Le Mans-Sieger und damals als Werksfahrer Tester bei Porsche. Er sass am 2. November 1999 beim ersten Rollout des Renners nur kurz am Steuer, weil das Wetter kalt und nass war. Einen Tag später bestätigte er bei besserem Wetter die Leistungsfähigkeit des neuen Renners: McNish nagelte 302 km/h Spitze auf den Weissacher Asphalt, die Runde wurde mit 46,62 Sekunden gestoppt. Allerdings musste er ein paar Probleme mit der Kupplung attestieren, zudem warf das Auto hinten Öl hinaus. 

Eine Computersimulation in Weissach ergab allerdings eine errechnete Rundenzeit von 3,33 Minuten für Le Mans, was mehr als nur konkurrenzfähig gewesen wäre. Wobei man im Hinterkopf behalten musste, dass das Auto unter anderem deutlich weniger wog als die vorgeschriebenen 900 Kilo in der offenen LMP900-Klasse. 

Trotzdem startete das Auto nicht beim Kultrennen. Nach einem Doppelsieg Porsches im Jahr 1998 mit dem GT1 war klar, dass man, wollte man weiter dort fahren, in die Prototypenklasse umsteigen musste. Die Einsitzer waren schneller, leichter und verbrauchten weniger Benzin. Motorenpapst Norbert Singer war ebenso wie der damalige Motorsportchef Herbert Ampferer von Anfang an in das Projekt involviert: «Der Vorstand genehmigte das Vorhaben unter dem Namen LMP 2000, intern 9R3. Die Entwicklung dauerte 14 Monate – am meisten davon beanspruchten Getriebe und Motor», erinnert sich Singer. 

Ein Turbomotor kam nicht infrage – also machte man sich auf die Suche nach einem Saugmotor und fand die Basis in einem 1992 für die Formel 1 entwickelten, 700 PS starken Zehnzylinder, der 15 000 Umdrehungen aushielt. Ampferer: «Wir haben aus 3,5 Liter 5,5 Liter Hubraum gemacht und einige Dinge verbessert.» Die Entscheidung für ein offenes Auto lag auf der Hand, weil das wniger Auftrieb und weniger Stirnfläche bedeutete. Neu waren die Entlüftungen in den Kotflügeln, die noch heute einige Rennwagen aufweisen.  

Kaum war das Auto (fast) fertig, kam vom damaligen Vorstandschef Wendelin Wiedeking die Direktive: «Einmotten.» Denn zu dem Zeitpunkt hatte er insgeheim im Designstudio schon ein Fahrzeug entwickeln lassen, das einen kräftigen Motor und gute Aerodynamik brauchte: Das Supercar Carrera GT sollte das Porsche-Image auf der Strasse aufmöbeln. Ampferer: «Wir konnten dazu auf unsere Entwicklung zurückgreifen. Der Motor wurde von 5,5 auf 5,7 Liter aufgebohrt, das Getriebe wurde strassentauglich gemacht.» Der LMP 2000 dagegen verschwand bis 2018 in der Museumssammlung. In dem Jahr zeigte Porsche ihn statisch und kommentarlos beim Goodwood Festival of Speed – aber erst jetzt darf er wieder fahren. 

Mit etwas Glück kann ihn jeder hören und sehen, denn das einstige Mysterium soll sich künftig auf diversen Events zeigen – in voller Dynamik. 

 

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