Wenn draussen der Schnee leise rieselt und drinnen der Kamin flackert, gibt es nur ein Gericht, das Herz und Seele gleichzeitig wärmt: Fondue. Dieses ur-schweizerische Ritual, bei dem man gemeinsam in geschmolzenem Glück rührt, ist weit mehr als ein Essen – es ist ein Gesellschaftsspiel mit kulinarischem Tiefgang. Wir haben die zehn besten Fondue-Rezepte des Landes getestet, uns durch Käseströme und Weindämpfe geschlemmt und dabei festgestellt: Kein Fondue gleicht dem anderen – aber jedes hat das Zeug zum kleinen Stück Himmel im Caquelon.
Text: Andrea I. Müller | Fotos: Adobe Stock
Schon der Duft kündigt an, was folgt: der Schmelz von Greyerzer, der Biss von Vacherin, das leicht säuerliche Kitzeln des Weissweins. Klassisch beginnt die Fondue-Reise mit dem moitié-moitié. Zwei Sorten Käse, ein Schuss Kirsch, eine Prise Muskat – mehr braucht es nicht für den Schweizer Archetyp. Wer hier denkt, schlichter geht’s nicht, irrt: Der Teufel steckt im Schmelz. Zu heiss – und der Käse trennt sich beleidigt. Zu kühl – und die Masse zieht Fäden bis zur Zimmerdecke. Perfekt ist das Fondue, wenn Brot und Käse sich umarmen, bevor sie im Mund eins werden.
Danach wagten wir uns ans Bündner Bergfondue, eine kernige Version mit Bergkäse, Sbrinz und einem Hauch Thymian. Dazu ein Löffel Alpenrosen-Honig – klingt verrückt, schmeckt aber nach Sonne, Wind und Holzrauch. Es hat die rauhe Seele der Alpen und ist der perfekte Begleiter nach einem Tag im Schnee, wenn die Finger noch kalt und die Wangen rot sind.
Wer es etwas nobler mag, dem empfehlen wir das Trüffel-Fondue. Schon der Duft ist eine Offenbarung: erdig, warm, fast animalisch. Hier trifft feinster Vacherin auf eine Prise Luxus – Trüffelbutter oder hauchdünne Scheiben des echten Périgord-Trüffels, kurz vor dem Servieren untergehoben. Dazu ein Glas Champagner und man weiss: Mehr Dekadenz geht kaum.
Das Bierfondue wiederum ist ein kräftiger, fast rebellischer Gegenentwurf zum klassischen Weisswein-Fondue. Ein dunkles Bier – etwa ein malziges Stout oder ein würziges Amber – verleiht dem Käse Tiefe und einen Hauch Karamell. Besonders gut funktioniert das mit Appenzeller, der ohnehin nichts für Zartbesaitete ist. Das Resultat? Ein Fondue, das nach Skihütte und Rock ’n’ Roll schmeckt.
Ganz anders das Fondue Mediterran. Hier schmilzt Mozzarella mit Pecorino, ein Schuss Olivenöl, frischer Rosmarin und ein Hauch Zitronenabrieb bringen italienisches Temperament ins Caquelon. Statt Brot darf man hier ruhig Ciabatta oder gegrilltes Gemüse tauchen – das Ergebnis ist leichter, aromatischer, fast sommerlich. Wer den Winter für einen Moment vergessen will, findet hier das richtige Rezept.
Für Experimentierfreudige bietet sich das Ziegenkäse-Fondue an. Überraschend mild, leicht säuerlich und wunderbar cremig, besonders wenn man etwas Crème fraîche unterzieht. Dazu passen Birnenstücke, Feigen oder Baumnüsse – und plötzlich wird aus einem Berggericht eine feine Delikatesse. Dieses Fondue ist der Beweis, dass auch die mutigen Varianten Charme haben, solange sie mit Herz gemacht sind.
Modern und erstaunlich überzeugend präsentiert sich das vegane Fondue. Statt Käse kommen Cashewkerne, Mandelmilch und weisse Miso-Paste ins Spiel, abgeschmeckt mit einem Schuss Weisswein oder Zitronensaft. Das Resultat: eine cremige, leicht nussige Sauce, die erstaunlich an echten Käse erinnert, aber deutlich leichter im Magen liegt. Selbst Puristen am Tisch mussten nachgeben: «Nicht schlecht für etwas ohne Käse.»
Ein weiterer Favorit aus unserer Versuchsküche: das Fondue mit Whisky. Klingt schottisch, schmeckt betörend. Ein rauchiger Single Malt mit Torfnoten verleiht dem Käse eine mystische Tiefe – man wähnt sich in einer Berghütte irgendwo zwischen Highlands und Engadin. Der Whisky ersetzt den Weisswein teilweise, sorgt aber für denselben feuchten Schmelz und eine leichte Schärfe im Abgang. Nichts für Kindergeburtstage, aber ein Hit bei langen Winterabenden.
Das Blauschimmel-Fondue hingegen polarisiert. Ein kräftiger Roquefort oder Gorgonzola, vermischt mit Gruyère, sorgt für eine Wucht an Aroma, die anfangs erschreckt – aber im richtigen Moment geradezu süchtig macht. Wer es wagt, wird belohnt: mit einem Geschmackserlebnis, das zwischen salzig, cremig und umami pendelt. Dazu ein Glas Portwein – und man verzeiht dem Käse jede Exzentrik.
Schliesslich unser Überraschungssieger: das Fondue mit Alpenkräutern. Eine Mischung aus Greyerzer, Bergkäse und einem Strauss getrockneter Kräuter – darunter Majoran, Oregano und ein Hauch Enzianwurzel. Es riecht nach Heu, Sommerweide, Bergsonne und schmeckt nach Urlaub in einer Alphütte. Dazu ein Glas Weisswein, ein paar Cornichons und man vergisst glatt, dass es draussen längst Nacht geworden ist.
Und doch – das perfekte Fondue bleibt eine Kunst.
Es braucht Geduld, Fingerspitzengefühl und gute
Gesellschaft. Denn allein fondueplauschend zu sitzen, wäre wie Raclette ohne Kerzenlicht. Oder wie Winter ohne Schnee.
Also: raus mit den Caquelons, entkorkt den Fendant,
zündet die Kerzen an – und lasst es schmelzen.
Der Winter kann kommen.