Die Schweizer Musikszene ist reich an begnadeten Musikerinnen und Musikern. Heidi Happy ist eine von ihnen. Ihre Musik lässt sich in keine Schublade stecken, ihre Stimme prägt viele Alben, nicht nur eigene. Vor allem aber ist sie eine äusserst sympathische Frau, die nach der Geburt ihrer Kinder verändert ihren Weg zurück auf die Bühne fand.
Text: Claudio Brentini | Fotos: zvg
Nächstes Jahr sind es 20 Jahre, während derer Priska Zemp als Heidi Happy unterwegs ist. In all diesen Jahren ist viel geschehen in der Welt, aber eben auch im Leben der Luzerner Sängerin. Mutter ist sie geworden in dieser Zeit, was alles verändert habe, wie sie betont und eine mehrjährige «Schaffenskrise», wie es die NZZ beschrieben hat, ausgelöst habe. Eine Genderforscherin sagte ihr jedoch während einer Talksendung, dass es logisch sei, wenn sie sich nach der Geburt leer fühle, schliesslich sei sie ja gerade extrem schöpferisch gewesen. Wohl wahr. Dennoch: «Damals wusste ich nicht, ob ich je zurückkehren würde auf die Bühne», sagt die Sängerin heute, «ich hatte keine Lust und keine Kraft, mich auszustellen, weder emotional noch mit meinem durch die Geburt veränderten Körper.» Krise sei aber nicht das richtige Wort, ergänzt sie. «Mir gefiel diese Zeit und es fühlte sich richtig an.» Irgendwann dann meldete sie sich wieder, die Muse namens Kreativität. «Ich spürte, da ist was, was raus muss.» Sie sei verändert zurückgekommen, sagt Heidi Happy rückblickend. Happyer? «Erfüllter», so ihre Antwort, für die sie keine Sekunde nachzudenken braucht. Genauso wirkt sie im Gespräch: glücklich, erfüllt, zufrieden, wobei Letzteres gefährlich sein kann. «Ich spüre, dass ich in jüngster Zeit versucht war, mich einzunisten in Bekanntem, Gewohntem, es mir bequem zu machen. Aber ich möchte wieder ausbrechen, Neues wagen.» Damit setzt sie einen Ratschlag einer Dozentin der Kunsthochschule Amsterdam um, welche Heidi Happy in den Anfangsjahren ihrer Solokarriere besucht hatte. «Mach mal was, wo du nicht im Voraus weisst, ob es dir gelingen wird», hatte die gesagt und dies wurde zum Credo der Luzerner Sängerin. «Ich habe gelernt, dass wenn ich glücklich bin, mich wohlfühle mit meinen Songs, es keine Rolle spielt, ob und wer diese gut findet.» Dies sagt jemand, der in keine musikalische Schublade passt, immer wieder überrascht, sich neu erfindet. Schubladen und marktsichere Konformität überlässt sie anderen – und das ist gut so.
Der Weg von Priska Zemp zu Heidi Happy war einer mit Umwegen. Musik war bereits im Elternhaus mit ihrer Mutter, die Sängerin war, ein wichtiges Thema. Gutenachtgeschichten waren gemeinsam gesungene Kinderlieder, so gesehen schien der Weg vorprogrammiert. Erste Studioerfahrungen sammelte Priska Zemp dann mit einem Producer, das Resultat tönte aber nicht so, wie sie es wollte, sondern er. «Ich wusste, ich musste mich entweder wehren oder einen eigenen Weg gehen.» Sie wählte den eigenen Weg und bestimmte zu Beginn jeden Ton, jede Note, aus Angst, sich wieder zu verlieren. Heute gebe sie ihren Musikern Freiraum, denn sie seien eh die Besten und kämen auf Ideen, auf die sie selbst nie kommen würde. Dieses Zusammenspiel, dieses aufeinander Eingehen macht die Musik von Heidi Happy aus. Es ist eine ehrliche Musik mit einer wundervollen Stimme, die unbedingt auf die Bühne gehört. Die NZZ schrieb nach ihrem Comeback 2023: «Sphärischer Sirup von Heidi Happy.» «Daran erinnere ich mich gar nicht», sagt die Sängerin dazu und lacht. Und sie ergänzt: «Ich bin schon froh, dass die NZZ überhaupt über mich schreibt.» Nonsens ist es dennoch, ein journalistischer Sirup halt, der hilflose Versuch, eine Kritik als solche auch zu platzieren. Aber okay: Sirup ist süss, meist fruchtig, es gibt ihn in den unterschiedlichsten Sorten und sphärisch bezieht sich vom Wort her auf das Himmelsgewölbe, also umfassend. So gesehen: perfekt.
Die Vielfältigkeit des musikalischen Schaffens von Heidi Happy ist beeindruckend. Sie ist auf unzähligen Alben als Sängerin, mal auch im Hintergrund zu hören, sie komponiert und arrangiert Songs für andere wie Michael von der Heide oder sie begleitet Bands auf ihren Tourneen wie einst YELLO. Am liebsten schreibt sie jedoch Filmmusik, zum Beispiel für die bekannte Serie Wilder. Es sei dieses Miteinander, welches sie fasziniere, betont Happy, auch wenn dies nicht nur einfach sei. «Mein erster Vorschlag für Wilder war gut, nach einem Feedback der Regie, Dramaturgie und Produktion war jedoch klar, ich musste das Ganze überarbeiten.» Natürlich sei dieser Prozess anstrengend gewesen, «was letztendlich aber daraus entstand, war viel berührender, alleine wäre ich nie darauf gekommen. Sie haben das Beste aus mir herausgeholt und das liebe ich an dieser Arbeit.»
«Ich möchte
mehr positive Lieder
schreiben.»Heidi Happy
Mit ihrem Live-to-tape-Konzert in den Powerplay-Studios hat die Luzernerin gezeigt, auf welch hohem Niveau sie und ihre Band agieren und interagieren. In Zukunft möchte sie noch mehr positive Lieder schreiben, sagt sie zum Schluss, und schauen, was das mit ihr machen würde, schliesslich betreffe das Singen alles, ihren Körper, ihre Seele. «Mal sehen, ob mir das tatsächlich gelingen wird», ergänzt sie und lacht herzlich. Was morgen ist, weiss schliesslich auch sie nicht. Mittlerweile singt sie als Mutter nun selbst mit ihrer Tochter, die Geschichte wiederholt sich, und dank ihrem Partner, der ihr diesen Raum ermöglicht, kann sie weiter ihrer Kreativität nachgehen und neue Projekte angehen.
Heidi Happy ist eine Bereicherung für die Schweizer Musikszene, was auch Musiker wie Büne Huber oder Stephan Eicher, welche sich ihre Stimme ausgeliehen haben, so sehen. Dass hinter diesem Künstlernamen aber eine so sympathische, echte und herzliche Frau steht, macht die Sache umso spannender. Sie wird weiter überraschen und überzeugen, so viel steht fest. «Ich fühle mich mittlerweile viel flexibler, kann viel besser entscheiden, wohin der Weg geht, kann meine Gefühle viel besser mit meinen Liedern hinaustragen als zu Beginn meiner Karriere», sagt die 44-Jährige. Das sind gute Voraussichten für weitere spannende musikalische Ausrufezeichen, auf die wir alle gespannt sein dürfen.